Verehrtes Publikum,
heute öffnet sich der Vorhang für das Musical „Das kalte Herz“, eine Vertonung der bekannten Textvorlage aus dem Zyklus „Das Wirtshaus im Spessart“ von Wilhelm Hauff. Hinter uns liegt eine intensive Vorbereitungszeit. Es hat mir viel Freude bereitet zu sehen, wie das Musical und seine Geschichte langsam Form angenommen haben und die Figuren zum Leben erweckt worden sind. Das mittlerweile ständig wachsende Musical-Netzwerk der HHS aus Schülern, Eltern, Freunden und Kollegen arbeitete auch in diesem Jahr wieder exzellent und motiviert. Es wurden sinnige und wahnsinnige Ideen für das Bühnenbild, die Requisiten oder die Kostüme entwickelt, präsentiert, diskutiert, optimiert, umgesetzt und auch gelegentlich wieder verworfen – ein absolut spannender und erquicklicher Prozess. Der ästhetische Anspruch war von allen Beteiligten bewusst hoch, damit am Ende auch ein ansprechendes Produkt entsteht und die Schülerinnen und Schüler auch ein Stück Anspruch aus diesem Projekt mit ins Leben nehmen. Sowohl das Bühnenbild als auch die Kostüme sollten wieder eine einheitliche Handschrift tragen und nicht zusammengewürfelt wirken. Um diesem Anspruch gerecht werden zu können, ist es wichtig, dass ein solches Projekt von einem guten Netzwerk motivierter Menschen getragen wird. Beim Bühnenbild konnten wir wieder auf die bereits bewährten Ideen und Fähigkeiten von Herrn Nielsen und Frau Tures bauen. Bei den Kostümen profitierten wir in diesem Jahr von der glücklichen Fügung, dass Frau Pfeil das Thema ihrer unterrichtspraktischen Hausarbeit, die sie im Rahmen der Zweiten Staatsprüfung anfertigen muss, im Bereich des Musicals angesiedelt hat, nämlich dem Entwerfen und Herstellen von Kostümen, bzw. Kleidern aus einer bestimmten Zeitepoche. Somit ergänzten sich im Kostümbereich in diesem Fall Pflicht und Leidenschaft vortrefflich - vielen Dank, Frau Pfeil! Des Weiteren möchte ich mich für die große Unterstützung bedanken, welche die Musicalprojekte über all die Jahre erfahren und hoffentlich auch unter der neuen Leitung von Frau Cleve weiter erfahren werden.
Sie erleben heute eine Welturaufführung der Musicalfassung von Wilhelm Hauffs Märchen „Das kalte Herz“. Die Theaterfassung von Ruth Roy und Alexandra Dill haben meine Frau und ich zu einem Musical umgearbeitet, indem wir zwölf eigene Lieder und einige Bänkelgesänge hinzugefügt haben. Nachdem nun die Grundlage für dieses Musical gelegt wurde, war es spannend zu erleben, wie die beteiligten Schülerinnen und Schüler dem Stück allmählich Leben eingehaucht haben. Sie bewarben sich für Rollen, lernten die Lieder und schlüpften in die einzelnen Charaktere hinein und machten sie sich zu eigen. Dies verlangte den Kindern viel ab, denn sie müssen sich auf etwas Neues einlassen, Neuland betreten und unter Umständen ganz neue Facetten an sich kennen lernen. Das sind wertvolle Momente in diesem Projekt: Es zeigt sich immer wieder, dass sich viele Schüler zu Beginn nicht vorstellen können, alleine zu singen, aber am Ende stehen sie strahlend und selbstbewusst auf der Bühne und wachsen über sich hinaus. Hut ab vor diesem Entwicklungsschritt. Gerade im Alter von elf bis zwölf Jahren sind die Kinder auf der Suche nach der eigenen Rolle und verabschieden sich nun allmählich vom Kindsein. Sie probieren sich aus, werden sich ihrer eigenen Gefühle gewahr und entwickeln Wertvorstellungen.
Auf der Suche nach dem, was im Leben wirklich zählt, ist auch Peter Munk, der Protagonist in dem Musical. Er hat zwar das Kohlenhandwerk von seinem Vater übernommen, möchte aber mehr aus seinem Leben machen. Peter möchte richtig „Kohle machen“ und deshalb sucht er nach neuen Mitteln und Wegen dieses Ziel zu erreichen. Reichtum, Ansehen und ferne Länder reizen ihn. Dafür ist er bereit, alles zu geben und überschreitet eine Grenze – die Grenzen des Menschseins: Er ist bereit, sein echtes Herz gegen einen kühlen Stein einzutauschen. Peter Munk durchlebt Licht und Schatten, begegnet guten und bösen Gestalten und wandelt auf Wegen und Abwegen. Am Ende erkennt er den Wert des Lebens, das er einst als Köhler führte, zahlte aber auch einen hohen Preis dafür.
Gerade heute übt die SCHEINWELT einen großen Reiz auf die Menschen, besonders auf Kinder und Jugendliche, aus und stellt damit auch die große Gefahr dar, die wirkliche Welt und ihre Menschen, die direkte Kommunikation, das Zwischenmenschliche zu vernachlässigen. Peter Munk hat einen hohen Preis gezahlt, aber am Ende war ihm sein Schicksal hold und sein Leben kam wieder in die guten alten Bahnen, die ihn von nun an erfüllten, weil er seine liebsten Menschen wieder neu schätzen lernte.
Mögen wir alle aus Peter Munks Verfehlungen lernen und möge auch dieses Projekt dazu beitragen, dass eine lebenslange Liebe zur Musik entsteht.
Martin M. Seifert